Center for Leadership and People Management
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Ausgabe 3/2008

Prinzipien der Mitarbeiterführung – Spitzenleistung mit und durch Menschenwürde

Das LMU Center for Leadership and People Management orientiert sich in seiner Arbeit an einem festen Wertekanon, der sich vielleicht am besten in folgender Aussage zusammenfassen lässt:

Die Basis echter und dauerhafter Spitzenleistungen im Beruf ist der menschenwürdige Umgang mit Mitarbeitern, Kollegen und der eigenen Person.

Menschenwürde ist hier im Sinne gegenseitigen Respekts, gegenseitiger Wertschätzung und der Bereitschaft, einander zu fördern und zu fordern zu verstehen. Unserer Überzeugung nach ist diese Wertebasis für eine gewinnbringende Zusammenarbeit, die herausragende Leistungen hervorbringt, unerlässlich.

Sicher würden die allermeisten Führungskräfte, egal ob in der Wirtschaft oder an der Hochschule, diesem Grundsatz sofort zustimmen. Doch oft fällt es im Alltag schwer, solche recht abstrakten Werte in konkretes Verhalten umzumünzen.

Wichtige Anhaltspunkte können hier die Führungsprinzipien geben, welche die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Dieter Frey am Lehrstuhl für Sozialpsychologie der LMU München entwickelt hat. Sie gehen auf langjährige Erfahrung in der Beratung sozialer und kommerzieller Organisationen sowie die intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Führung zurück. Aus den Prinzipien lassen sich konkrete Handlungsimpulse für ein wertorientiertes Führungsverhalten ableiten, welches selbstständige, mündige Mitarbeiter hervorbringt und langfristig Zufriedenheit und Leistung zu steigern vermag. Entsprechend bilden diese Prinzipien auch eine wichtige ideelle Grundlage aller Angebote unseres Centers.

Die Prinzipien im Überblick:

  • Prinzip der Autonomie und Partizipation
  • Prinzip der Sinnvermittlung
  • Prinzip der Transparenz durch Information und Kommunikation
  • Prinzip der optimalen Stimulation durch Zielvereinbarung
  • Prinzip der persönlichen Entwicklung
  • Prinzip der konstruktiven Rückmeldung und Wertschätzung
  • Prinzip der Fairness
  • Prinzip der Passung und Eignung im Team
  • Prinzip des guten Vorbildes der Führungsperson

Im Folgenden möchten wir Ihnen diese Prinzipien näher vorstellen und Ihnen damit einige Anregungen für Ihre Arbeit als Führungskraft geben. 

Prinzip der Autonomie und Partizipation

Führungskräfte haben meist die Mitarbeiter, die sie verdienen - und das ist durchaus wörtlich gemeint. Wenn Sie sich Mitarbeiter wünschen, die proaktiv neue Aufgaben angehen, Verantwortung übernehmen und selbstständig handeln, ist es von essenzieller Bedeutung, ihnen dazu den nötigen Freiraum einzuräumen und ihnen Vertrauen entgegen zu bringen. Geben Sie ihnen zum Beispiel die Möglichkeit, selbstständig neue Forschungsgebiete zu erschließen, für die sie "Herzblut" haben, Projekte zu initiieren oder auf Kongressen zu präsentieren.

Autonomie und Partizipation sind hier nicht so zu verstehen, dass Sie als Führungskraft Ihre Richtlinienkompetenz aufgeben. Die letzte Entscheidung liegt weiterhin stets bei Ihnen. Es ist jedoch wichtig, Ihre Mitarbeiter zu ermutigen, kritisch zu denken, sie wann immer möglich in Entscheidungsprozesse einzubinden und auch dann ihre Meinung einzuholen, wenn Sie letztendlich allein entscheiden müssen. Ihre Mitarbeiter werden auf diese Weise auch schwierige Entscheidungen viel besser annehmen können.

Prinzip der Sinnvermittlung

Grundsätzlich gilt: Wer Leistung fordert, muss Sinn bieten! Denn die Einsicht in den Sinn der eigenen Arbeit ist ein zentraler Motivator, scheinbar sinnlose Tätigkeiten frustrieren dagegen und führen schlimmstenfalls in die innere Kündigung. Gerade bei den immer komplexer werdenden Forschungsvorhaben unserer Zeit (man denke nur an den in diesem Monat in Betrieb genommenen Large Hadron Collider LHC am Genfer CERN, an dem einige tausend Wissenschaftler über Jahre gearbeitet haben), ist es eine zentrale Herausforderung für Führungskräfte, ihren Mitarbeitern zu verdeutlichen, wie sich deren individuelle Arbeit in das „große Ganze“ einfügt. Nur wenn Ihre Mitarbeiter die Vision erkennen können, zu der Ihre Tätigkeit beiträgt, werden sie sich mit ihrer Aufgabe identifizieren und Spitzenleistungen erbringen.

Prinzip der Transparenz durch Information und Kommunikation

Eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Mitarbeiter den Sinn ihrer Tätigkeit nachvollziehen können, ist ein ungehinderter Informationsfluss in ihrem Arbeitsumfeld. Auch an dieser Stelle spielen Sie als Führungskraft eine zentrale Rolle. Informieren Sie Ihre Mitarbeiter über deren unmittelbaren Arbeitsbereich hinaus: Was tut sich sonst in der Arbeitseinheit und im wissenschaftlichen/universitären Umfeld? Wo liegen die Herausforderungen in der kommenden Zeit? Wichtig ist, dass Sie auch schlechte Nachrichten zeitnah weitergeben – Ehrlichkeit und Authentizität sind hier wertvoller als vermeintliche Harmonie.

Information ist dabei nicht als Einbahnstraße zu verstehen: seien Sie Ansprechpartner für Ihre Mitarbeiter und nutzen Sie den Dialog, um mit ihnen Vereinbarungen und Ziele auszuhandeln. Ermutigen Sie sie auch, sich untereinander und mit externen Kollegen zu vernetzen und auszutauschen. Nur wenn Ihre Mitarbeiter gut informiert sind und wissen, was auf sie zukommt, können sich wirklich zukunftsorientiert verhalten.

Prinzip der optimalen Stimulation durch Zielvereinbarung

Optimale Leistung kann nur derjenige erbringen, der seine Ziele kennt. Es ist daher von großer Bedeutung, dass Sie mit allen Ihren Mitarbeitern in regelmäßigen Abständen möglichst konkrete Ziele vereinbaren (auch dies ist ein Mittel, ihren Mitarbeitern ein Gefühl für die Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit zu geben) und ebenso die Erreichung dieser Ziele gemeinsam überprüfen.

Ziele sollten so beschaffen sein, dass sie zwar herausfordernd, aber erreichbar sind. Bewährt hat sich die einfache Regel, bei der Zielsetzung fünf Kriterien zu berücksichtigen: Ziele müssen spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminierbar sein (sog. SMART-Regel). Die Vereinbarung kann z.B. im Rahmen jährlicher oder halbjährlicher Mitarbeitergespräche geschehen, in denen auch die Erreichung früherer Ziele überprüft wird. Die Zielsetzung ist dabei immer ein gemeinsamer Prozess - fragen Sie Ihre Mitarbeiter also auch, welche Ziele sie sich persönlich setzen möchten und was sie von Ihnen als Führungskraft erwarten.

Prinzip der persönlichen Entwicklung

Mit dem Prinzip der persönlichen Entwicklung ist ein Grundmotiv menschlichen Verhaltens angesprochen: das Bedürfnis, sich weiterzuentwickeln und persönlich zu wachsen. Geben Sie qualifizierten Mitarbeitern daher die Möglichkeit, "groß zu werden"!

Nicht selten begreifen Führungskräfte besonders fähige Mitarbeiter als Konkurrenz und versuchen mehr oder weniger bewusst, sie auszubremsen. Auf Seiten des Mitarbeiters führt das zu Frust und Leistungsverlust. Viel erfolgversprechender ist es da, wenn Sie als Führungskraft die Rolle des Mentors einnehmen und Talente in Ihrem Arbeitsbereich gezielt fördern. Sicherlich werden Sie dann auch in Kauf nehmen müssen, dass sich viele dieser Talente mit der Zeit von Ihnen emanzipieren und eigene Wege gehen. Doch was könnte ein besserer Beleg für die Qualität Ihrer Arbeit sein als erfolgreiche ‚Schüler’? Und bis es soweit ist, werden Ihre Mitarbeiter umso loyaler und motivierter sein, wenn sie das Gefühl haben, dass Sie sie fördern und wachsen lassen.

Prinzip der konstruktiven Rückmeldung und Wertschätzung  

Persönliches Wachstum lebt nicht zuletzt von konstruktiver Rückmeldung. Darunter ist einerseits konstruktive Kritik bei Problemen oder Fehlern zu verstehen, andererseits aber auch Lob für gute Leistungen – ein Verhalten, das gerade in der deutschen Führungskultur häufig zu kurz kommt.

Begleiten Sie Ihre Mitarbeiter mit regelmäßigem Feedback auf ihre Leistungen. Achten Sie dabei darauf, Kritik zwar deutlich, aber wertschätzend zu formulieren, d.h. konkret, sach- und verhaltensbezogen, aber nicht persönlich verletzend ("Tough on the issue, soft on the person"). Belassen Sie es nicht bei einer Auflistung der Dinge, die nicht funktioniert haben, sondern formulieren Sie konkrete Verbesserungsvorschläge und äußern Sie explizit Lob für Erfolge. Und nicht zuletzt sollten Sie auch selbst offen für Feedback sein!

Prinzip der Fairness

Die allermeisten Menschen sind mit einem empfindlichen Sensor für faires bzw. unfaires Verhalten ausgestattet. Verstöße gegen ihr inneres Gerechtigkeitsempfinden beantworten Mitarbeiter nicht selten mit Missstimmung und Leistungsverweigerung. Daher ist es für den Erfolg Ihrer Arbeitseinheit von großer Bedeutung, einen fairen und respektvollen Umgang mit Ihren Mitarbeitern zu pflegen. Vier Fairnessaspekte gilt es dabei zu berücksichtigen:

  • Die Ergebnisfairness bezieht sich auf das Verhältnis von Input zu Output, also das Gefühl, dass geleistete Arbeit angemessen gewürdigt und entlohnt wird. Sie spielt z.B. bei der Verteilung materieller Ressourcen eine große Rolle.
  • Prozedurale Fairness ist gegeben, wenn Entscheidungen nach allgemeingültigen, nachvollziehbaren Regeln getroffen werden und sachlich gut begründet sind. Ein weiterer Aspekt prozeduraler Fairness besteht darin, Ihren Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, ihre Meinung zu äußern, auch wenn sie nicht direkt an einer Entscheidung beteiligt sind. Haben sie das Gefühl, dass ihre Meinung Gehör findet, werden sie auch unbequeme Maßnahmen viel eher mittragen.
  • Die informationale Fairness bildet die Grundidee des Prinzips der Transparenz durch Information und Kommunikation. Geben Sie gute wie schlechte Nachrichten zeitnah, ehrlich und adressatengerecht an Ihre Mitarbeiter weiter.
  • Die interaktionale Fairness schließlich bezieht sich auf den menschlichen Umgang zwischen Ihnen und Ihren Mitarbeitern. Im Kern geht es darum, einander mit Empathie, Respekt und Wertschätzung zu behandeln, und zwar unabhängig von Hierarchieunterschieden und Meinungsdivergenzen (wie auch im Prinzip der konstruktiven Rückmeldung und Wertschätzung dargestellt).

Nicht immer wird es gelingen, Fairness auf allen vier Dimensionen herzustellen. Wichtig ist es dann, für einen Ausgleich auf den anderen Dimensionen zu sorgen: kann zum Beispiel eine völlig gerechte Verteilung von Ressourcen nicht hergestellt werden, gilt es, Ihre Mitarbeiter im Sinne informationaler und prozeduraler Fairness über die Ursachen und Hintergründe Ihres Handelns zu informieren.

Prinzip der Passung und Eignung im Team

Damit Ihre Mitarbeiter erfolgreich sein können, müssen die ihnen anvertrauten Aufgaben mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten korrespondieren. Durch eine gezielte und genaue Abstimmung von Person und Anforderungen können Sie eine Über- oder Unterforderung Ihrer Mitarbeiter vermeiden und ihr volles Potenzial heben. Es lohnt sich also, auf den Platzierungsprozess entsprechende Sorgfalt zu verwenden.

Gleiches gilt für die Zusammenstellung von Arbeits- oder Forschungsteams. Achten Sie darauf, Mitarbeiter mit unterschiedlichen Erfahrungshintergründen und Talenten zu kombinieren, die maximal voneinander profitieren können. Damit die Zusammenarbeit in so heterogenen Teams funktionieren kann, ist es besonders wichtig, sich auf gemeinsame Spielregeln der Zusammenarbeit zu einigen. Nutzen Sie dazu auch die Möglichkeit regelmäßiger Teamreflexionen, in denen die Zusammenarbeit im Team auf fachlicher und persönlicher Ebene betrachtet und Verbesserungsvorschläge entwickelt werden können.

Prinzip des guten Vorbildes der Führungsperson

Schließlich sind Sie als Führungskraft auch Orientierungspunkt und Leuchtturm für Ihre Mitarbeiter, an dem sie sich ausrichten und an den sie sich bei Problemen wenden wollen. Dieser Vorbildfunktion sollten Sie sich stets bewusst sein und sie aktiv annehmen. Überlegen Sie daher regelmäßig, wo und wie Sie für andere Vorbild sind, und wo Sie sich möglicherweise selbst noch weiterentwickeln können. Am besten holen Sie sich dazu auch Feedback von Ihren Mitarbeitern ein.

Mit den geschilderten Führungsprinzipien ist ein hoher Anspruch an Sie als Führungskraft verbunden. Sie bedeuten eine Abkehr von vielen traditionellen Überzeugungen im Zusammenhang mit Führung – etwa, dass sich Autorität aus der hierarchischen Position ableitet und nicht erst durch vorbildliches Verhalten erworben werden muss. Insofern kann die Implementierung der Führungsprinzipien ein schwieriger und auch langwieriger Prozess sein, der sich aber in jedem Falle lohnt. Die Prinzipien spiegeln eine grundsätzliche Werthaltung gegenüber Ihren Mitarbeitern wider: Spitzenleistung mit und durch Menschenwürde. Zahlreiche Forschungsergebnisse zeigen, dass ein Arbeitsumfeld, das von dieser Werthaltung geprägt ist, nicht nur die Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöhen kann, sondern auch Motivation und Leistung steigert.

In der nächsten Ausgabe des Newsletters werden wir potenzielle Hemmnisse bei der Verwirklichung eines prinzipienorientierten Führungsstils beleuchten und selbstverständlich auch Möglichkeiten skizzieren, wie diese Barrieren überwunden werden können. Bis dahin laden wir Sie herzlich ein, die zahlreichen Veranstaltungen unseres Centers zu besuchen, die sich mit dem Thema Führung beschäftigen. Wir freuen uns, die Führungsprinzipien dort mit Ihnen zu diskutieren!

 

Weiterführende Literatur

Peus, C. & Frey, D. (in press). Humanism at work: Crucial organizational cultures and leadership principles. In H. Spitzeck, M. Pirson, W. Amann, S. Khan & E. von Kimakowitz (Eds.), Humanism in Business- perspectives on responsible business in society. Cambridge: Cambridge University Press.

Frey D., Peus, C. & Traut-Mattausch E. (2005). Innovative Unternehmenskultur und professionelle Führung – entscheidende Bedingungen für eine erfolgreiche Zukunft? In: D. Kudernatsch & P. Fleschhut (Hrsg.). Management Excellence – Strategieumsetzung durch innovative Führungs- und Steuerungssysteme. 351-378. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.

Frey, D., Peus, C. & Jonas, E. (2004). Soziale Organisationen als Center of Excellence mit Menschenwürde – zur Professionalisierung der Mitarbeiter- und Unternehmensführung. In B. Maelicke (Hrsg.): Personal als Erfolgsfaktor in der Sozialwirtschaft. 27-52. Baden-Baden: Nomos.

 

Weitere Beiträge

Einleitung

1 Jahr LMU Center for Leadership and People Management - Ein Rückblick auf die Veranstaltungen des Winter- und Sommersemesters 2007/2008

Fünf Fragen an… Professor Patrick Cramer, Leiter des Genzentrums der LMU

Die Befragung "Zusammenarbeitskultur" – Maßgeschneiderte Teamentwicklung  für Lehrstühle und Projektgruppen an der LMU

Vorschau auf die Veranstaltungen im Wintersemester 2008/2009