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Ausgabe 2/2008

Personalauswahl – auch an Universitäten eine zentrale Aufgabe

Gezielte, strategische Personalauswahl gehört in Unternehmen seit vielen Jahren zum Standard der Personalarbeit. Um geeignete Mitarbeiter zu finden, werden umfassende Anstrengungen unternommen und viel Zeit und Geld investiert. Dies geschieht, weil die Verantwortlichen der festen Überzeigung sind, dass die Qualifikation der Mitarbeiter ein zentraler Faktor für den Erfolg von Organisationen ist.

Die deutsche Universitätslandschaft befindet sich in Bewegung. Wachsender Wettbewerb zwingt die Universitäten zu immer größeren Leistungen in Forschung, Lehre und Hochschulmanagement. Deutsche Hochschulen sollen sich professionalisieren und an Topunternehmen orientieren. Dies geschieht in vielen Bereichen - in Fragen der Personalauswahl, des Einsatzes bewährter Verfahren zur Findung passender Mitarbeiter, gibt es allerdings noch Optimierungsmöglichkeiten.

Durch professionelle Personalauswahlverfahren können in Zeiten wachsender Konkurrenz und eines Mangels an (hoch)qualifiziertem Personal die besten Bewerber für eine Stelle gefunden werden. Im Folgenden möchten wir Ihnen einen ersten Überblick zu dieser Thematik geben.

Der Personalauswahlprozess im Überblick

Professionelle Personalauswahl versteht sich als mehrstufiger, sequentieller Prozess, der versucht, die richtigen Bewerber mit der höchstmöglichen Erfolgswahrscheinlichkeit zu identifizieren, richtig einzusetzen und in die Organisation einzubinden. Der Auswahlprozess gliedert sich idealtypisch in folgende Schritte:

  • Anforderungsanalyse: Definition von Eigenschaften und Anforderungen des Arbeitsplatzes
  • Stellenanzeige: Ansprache potenzieller Bewerber (intern/extern)
  • Bewerbungsunterlagen: Selektion guter Bewerber und Einladung
  • Bewerbungsgespräch: Persönliches Kennenlernen der Bewerber, Informationsaustausch
  • Ergänzende Potenzialerfassungsmethoden: Abrundung der Information über die Bewerber
  • Entscheidungsfindung und –mitteilung: Zusammenstellung und Auswertung der Informationen und Entscheidung für einen Bewerber
  • Onboarding: Einführung und Hilfestellung für neue Mitarbeiter

Die Anforderungsanalyse

Eine freie Stelle kann nur dann optimal besetzt werden, wenn Sie genau wissen, wen Sie suchen und über welche Qualifikationen diese Person verfügen sollte. Dies gilt nicht nur in fachlicher, sondern auch in menschlicher Hinsicht, damit sich eine optimale Passung zwischen Person, Stelle und Arbeitsumfeld ergibt. Zur Auswahl des bestmöglichen Kandidaten sollte ein Anforderungsprofil formuliert werden.

Das Anforderungsprofil definiert alle tätigkeitsspezifischen und übergreifenden Eigenschaften, Fähigkeiten, Kenntnisse und Verhaltensweisen, die ein Mitarbeiter jetzt und in Zukunft zur erfolgreichen Bewältigung der an ihn gestellten Aufgaben benötigt. Grundlage für ein solches Profil sind häufig Stellenbeschreibungen. In einem nächsten Schritt können der bisherige Stelleninhaber oder Personen aus seinem Umfeld zu tatsächlichen Tätigkeiten (einer Art Aufgabeninventar) und dafür notwendigen Qualifikationen und Kompetenzen befragt werden. Dazu kann überlegt werden, welche sozialen Komponenten wünschenswert sind (aus Aufgaben- aber auch Teamsicht).

Haben Sie diese Kriterien gesammelt, können Sie sie bewerten: Was sind Kann-, was Muss-Kriterien? In welchem Ausmaß sollten die Kriterien vorhanden sein? Gibt es eine Priorisierung innerhalb der Kriterien? Ergebnis dieses Prozesses ist ein klares Anforderungsprofil, das Sie Ihrer Bewertung bei schriftlichen Unterlagen und im Interview zugrunde legen können.

Die Stellenanzeige

Nach wie vor ist die klassische Stellenanzeige das meistgenutzte Instrument zur Ansprache von Interessenten. Alternativ dazu werden Online-Bewerbungsverfahren immer häufiger genutzt. Und gerade im universitären Umfeld sind persönliche Empfehlungen bzw. das eigene Netzwerk ebenfalls wichtige Quellen zur Identifikation externer aber auch interner Bewerber.

Durch eine klare Formulierung der Aufgaben und der identifizierten Kriterien sorgen Sie dafür, dass Sie den Kreis der Bewerber beschränken. Sie sollten allerdings auch rechtliche Aspekte (Allgemeines Gleichstellungsgesetz oder auch Richtlinien der LMU) sowie den Aspekt der Selbst- und Außendarstellung beachten.

Ein oft unterschätzter Punkt ist der Zeitbedarf, den die Neubesetzung einer Stelle erfordert. Berücksichtigen Sie in Ihrer Planung mögliche Kündigungsfristen interessanter Bewerber ebenso wie den Aufwand für Anzeigengestaltung und -schaltung, Bewerbungsgespräche und Vertragsgestaltung. Im Idealfall überscheiden sich Arbeitsende des bisherigen Stelleinhabers und Arbeitsbeginn des neuen Mitarbeiters, so dass eine Einarbeitung möglich ist.

Die Bewerbungsunterlagen

Die Bewerbungsunterlagen sind auch heute noch der erste Schritt des eigentlichen Personalauswahlprozesses. Sie enthalten neben dem Anschreiben und dem Lebenslauf auch vorhandene (Arbeits-)Zeugnisse und können gewissermaßen als erste Arbeitsprobe Ihres Bewerbers verstanden werden. Allerdings sollten Sie nicht vergessen, dass es mittlerweile mannigfaltige Möglichkeiten gibt, die Bewerbungsunterlagen ohne großen Aufwand professionell zu erstellen oder erstellen zu lassen.

Ziel der Auswertung dieser Unterlagen ist eine Vorsortierung der Bewerber und die Entscheidung darüber, wer zum Bewerbungsgespräch geladen werden soll. Dies geschieht anhand formaler (Vollständigkeit, Gestaltung, Plausibilität des Lebenslaufes etc.) und anforderungsspezifischer Kriterien (Qualifikationen und Erfahrungen).

Sollten Sie bei Kandidaten unsicher oder Zeugnisse nicht aussagekräftig sein, nutzen Sie die Möglichkeit, in einem persönlichen Referenzgespräch weitere Informationen bei dem vorherigen Arbeitgeber oder Vorgesetzten einzuholen (fragen Sie dabei nach konkreten Situationen und Verhaltensweisen).

Das Bewerbungsgespräch

Das Einstellungsinterview ist das wohl etablierteste Verfahren zur Auswahl neuer Mitarbeiter. Es dient dazu, einen persönlichen Eindruck zu gewinnen, die fachliche und persönliche Eignung für die Stelle zu überprüfen, Informationen aus den Bewerbungsunterlagen zu beleuchten und zu ergänzen sowie die Bedürfnisse und Erwartungen des potenziellen Mitarbeiters zu erfragen.

Idealerweise führen Sie das Gespräch nicht allein, sondern ziehen einen zweiten Interviewer hinzu, mit dem Sie später Ihre Eindrücke abgleichen und ergänzen können. Sehr nützlich ist auch, das Gespräch anhand eines vorher entworfenen Fragenleitfadens zu durchzuführen. Ein solches strukturiertes Interview sorgt dafür, dass Sie später die verschiedenen Bewerber gut miteinander vergleichen können und in der konkreten Gesprächssituation keine wichtigen Aspekte oder Fragen vergessen werden. 

Achten Sie ebenfalls auf passende Rahmenbedingungen für das Gespräch: lesen Sie die Unterlagen im Vorfeld, sorgen Sie für eine störungsfreie und angenehme Atmosphäre. Beginnen Sie das Gespräch mit einer Aufwärmphase, geben Sie dann dem Bewerber Gelegenheit zur Selbstpräsentation, informieren Sie ihn realistisch über die anstehenden Aufgaben und Rahmenbedingungen. Dazu gehört auch, mögliche negative oder belastende Aspekte der neuen Tätigkeit aufzuzeigen. Aus der Reaktion des Bewerbers können Sie wichtige Rückschlüsse auf seine Motivation und Flexibilität ziehen, außerdem vermitteln Sie so ein realistisches Bild der neuen Tätigkeit und beugen späteren Enttäuschungen vor. Klären Sie abschließend die offenen beziehungsweise kritischen Punkte. Am Ende des Gesprächs sollte das weitere Vorgehen verbindlich vereinbart werden.

Ergänzende Potenzialerfassungsmethoden

Aus verschiedenen Gründen haben sich ergänzende Methoden wie Assessment Center, Rollenspiele oder auch fragebogenbasierte Tests (etwa zu Intelligenz oder Persönlichkeit) im universitären Kontext bislang nicht durchgesetzt. Es gibt aber dennoch unkomplizierte Möglichkeiten, mehr über den Bewerber zu erfahren. Eine einfache und hoch effektive, weil sehr aussagekräftige Methode ist die Arbeitsprobe. Dabei werden dem Kandidaten möglichst alltagsnahe Aufgaben gestellt, die er direkt und in begrenzter Zeit zu bearbeiten hat (lesen Sie dazu auch in unserem Interview mit Prof. Martin Kleinmann).

Arbeitsproben stellen den konkretesten und unmittelbarsten Weg zur Erfassung notwendiger Kenntnisse und Fertigkeiten dar. Ziel einer Arbeitsprobe ist die direkte Beobachtung und Beurteilung einer oder mehrerer Fertigkeiten in einem zeitlich begrenzten Ausschnitt. Sie sind dann sinnvoll, wenn gut abgrenzbare Kenntnisse oder eher praktische Fertigkeiten beurteilt werden sollen. Entscheidend ist dann WAS beobachtet werden soll und WIE dies geschehen kann (Vortrag, Präsentation, Rollenspiel etc.).

Entscheidungsfindung und -mitteilung

Wichtig für die Entscheidungsfindung ist, dass Sie sich bereits im Vorfeld objektive und messbare Anforderungen überlegt haben (erinnert sei erneut an das zentrale Anforderungsprofil), eine Gewichtung und Rangordnung vorgenommen haben, diese mittels geeigneter Verfahren gemessen und überprüft haben und schriftliche Notizen und Bewertungen der Bewerber aus den einzelnen Verfahren haben. Neben diesen konkreten Ergebnissen sollten Sie auch das Entwicklungspotenzial des Bewerbers im Blick haben: liegen seine Verbesserungspotenziale in Bereichen, die leicht zu erlernen sind?

Sind Sie für sich zu einer Entscheidung gekommen, gebietet es die Fairness, den Kandidaten dies zeitnah mitzuteilen. Beachten Sie dabei die Feedbackregeln und haben Sie erneut die Außendarstellung im Blick.

Onboarding

Unter Onboarding versteht man alle Maßnahmen, die dazu dienen, Ihren neuen Mitarbeiter in seine Aufgabe einzuführen, ihn mit seinem Arbeitsumfeld vertraut zu machen und ihm den Start in den seinen neuen Job zu erleichtern. Dieses „An-Bord-holen“ beginnt bereits vor dem eigentlichen Stellenantritt: der Arbeitsplatz muss vorbereitet, die Technik beschafft, die Kollegen müssen informiert werden. Eine Geste mit hohem Symbolwert, mit der Sie neuen Mitarbeitern den Einstieg sehr erleichtern können, ist eine Art „Willkommenspaket“, welches Sie ihnen im Vorfeld zukommen lassen. Darin können z.B. wichtige Informationen rund um den ersten Arbeitstag (mit Terminen, Ansprechpartnern etc.) sowie allgemeine Informationen für die Arbeit in Ihrer Abteilung und an der LMU (Organisatorisches, Weiterbildungsmöglichkeiten etc.) enthalten sein.

In den ersten Arbeitstagen sollten Sie dafür Sorge tragen, dass Ihr neuer Mitarbeiter alle relevanten Personen in Ihrem Arbeitsbereich persönlich kennen lernt (z.B. in Form eines kleinen Willkommenstreffens) und auch eine Führung durch alle Räumlichkeiten erhält. Sehr hilfreich ist weiterhin, ihm einen festen Ansprechpartner (Mentor) zur Seite zu stellen, der ihm bei Fragen zur Verfügung steht und ihn mit Informationen rund um seinen neuen Job versorgt. Das Onboarding endet jedoch nicht mit der ersten Arbeitswoche: Teambildende Maßnahmen, um den neuen Kollegen im bestehenden Team zu integrieren und regelmäßige Mitarbeitergespräche runden die Einarbeitung ab.

All das mag zunächst selbstverständlich klingen, wird aber erfahrungsgemäß im Alltag nicht immer so gelebt. Oftmals fangen Personen ihren neuen Job ohne Rechner oder Telefon an, wissen die Kollegen nichts von dem Neuen, fehlt ein Ansprechpartner für all die Fragen, die man gerade zu Beginn einer neuen Tätigkeit hat. Solche Versäumnisse wirken sich nicht nur verhängnisvoll auf die Motivation des neuen Mitarbeiters aus, sondern können auch für eine Vielzahl von Folgeproblemen sorgen.

Wie die oben geschilderten Aspekte zeigen, ist die Personalauswahl ein komplexer Prozess, der gute Vorbereitung erfordert. Gelingt er jedoch, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, Mitarbeiter zu gewinnen, die die in sie gesetzten Erwartungen optimal erfüllen. Vor dem Hintergrund der Nerven, aber auch des Geldes und der Arbeitsqualität, die falsche Personalentscheidungen kosten, lohnt sich der nötige Aufwand in jedem Fall!

Sollten Sie nun weiterführende Fragen zum Thema Personalauswahl an der Universität haben, laden wir Sie herzlich ein, sich in unseren Seminaren Antworten dazu zu holen. Sicherlich interessiert Sie auch unser Interview mit Prof. Martin Kleinmann vom Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Zürich, der als ausgewiesener Experte Antworten zu Fragen rund um die Personalauswahl an der Hochschule gibt.

 

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