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Ausgabe 2/2008

Interview mit Prof. Martin Kleinmann - Tipps zur Bewerberauswahl

Gute und hoch motivierte Mitarbeiter sind Voraussetzung für wissenschaftliche Höchstleistungen. Doch wie lassen sich – gerade vor dem Hintergrund eines knappen Zeitbudgets - die geeigneten Mitarbeiter auswählen? Wir befragten dazu Prof. Martin Kleinmann, Inhaber des Lehrstuhls für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Zürich und einer der führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet der Personalauswahl.

Herr Professor Kleinmann, was ist bei der Sichtung der Bewerbungsunterlagen besonders zu beachten?

Die Passung zwischen Anforderung der Stelle und Bewerbungsprofil sollte gut sein. Zu prüfen sind Leistungsindikatoren wie Zeugnisse, Abschlüsse, Veröffentlichungen in hochrangigen Journals, Drittmittelakquisitionen etc. Motivationale Faktoren können durch die Stringenz der bisherigen Aktivitäten und  die Leistungen innerhalb definierter Zeitgrenzen erfasst werden wie z.B. Anzahl hochrangiger Publikationen in einer definierten Zeitperiode nach der Dissertation. Andere Faktoren wie Mobilität und Sprachkenntnisse können ebenfalls aus dem Werdegang erschlossen werden.

Welches Verfahren bzw. welche Kombination von Verfahren ist für die Auswahl von wissenschaftlichen Mitarbeitern besonders geeignet? Warum?

Ich würde immer empfehlen mit einer Kombination von Verfahren zu arbeiten, die sowohl die Selbstselektion fördern als auch prognostisch valide sind. Wenn Mitarbeiter für ein Projekt eingestellt werden sollen, würde ich eine Kombination aus Arbeitsproben und strukturiertem Interview mit realistischer Tätigkeitsvorschau wählen. Die beiden erstgenannten Methoden sind prognostisch valide Verfahren.

Alle Wissenschaftler müssen Fachliteratur beurteilen können und Forschungsergebnisse präsentieren können. Gemeinsam mit der Einladung empfiehlt es sich daher den Bewerbern zwei Aufgaben zur Vorbereitung auf das Bewerbungsgespräch zu geben. Zum einen sollen sie einen nicht allzu guten Fachartikel aus ihrem künftigen Fachgebiet, der Ihnen vom künftigen Vorgesetzten zugesandt wird, durchlesen und für das Bewerbungsgespräch Stärken und Schwächen des Artikels herausarbeiten. Zum zweiten sollen Sie Ihre letzte Qualifikationsarbeit in einer 10-minütigen Präsentation zusammenfassen, um sie im Bewerbungsgespräch zu präsentieren und anschließend zu diskutieren. Solche Arbeitsproben als Hausaufgaben führen in der Regel dazu, dass Bewerber, die sich nur halbherzig beworben haben, die Einladung absagen. Dies dient der Selbstselektion in dem Sinne, dass in erster Linie geeignete und motivierte Personen zum Bewerbungsgespräch kommen. Weiterhin erlauben die genannten Verfahren, dass in einem Gespräch der/die BewerberIn mit dem künftigen Arbeitsgebiet vertraut wird und man darüber hinaus sieht, wie die Person wissenschaftlich gearbeitet hat und wie sie wissenschaftliche Arbeiten liest, versteht, diskutiert und bewertet. Die Diskussion macht in der Regel beiden Parteien Spaß.  Solche Arbeitsproben können durch ad hoc Arbeitsproben in einem Bewerbungsgespräch je nach Disziplin noch ergänzt werden (Bestimmung einer Pflanze, Interpretation eines statistischen Ausdrucks etc...).

Zusätzlich zu den Arbeitsproben empfiehlt sich das Durchführen von strukturierten Interviews. Bei strukturierten Interviews sind zwei Formen zu unterscheiden. Die einen sind vergangenheitsorientiert, die anderen zukunftsorientiert. Für beide Formen sollten im Vorfeld ca. 10 Fragen vorformuliert werden. Bei der vergangenheitsorientierten Form wird eine typische, schwierige  Berufssituation geschildert und anschließend gefragt: "Sicher kennen Sie eine solche Situation. Wie haben Sie sich verhalten?" Bei der zukunftsorientierten Variante können die Situationen ähnlich sein, die Frage ist allerdings "Wie würden Sie sich verhalten?". Für jede der Fragen sollte im Vorfeld festgelegt werden, was eine gute und was eine weniger gute Antwort ist.

Zusätzlich empfiehlt es sich, den Bewerber, die Bewerberin realistisch über die künftige Arbeit zu informieren, um keine frühzeitigen Kündigungen zu erhalten.

Sind unterschiedliche Verfahren je nach Hierarchieebene des Bewerbers/der Bewerberin zu berücksichtigen?

Für Professuren ist das Augenmerk eher auf die Ausrichtung von Forschungsprogrammen zu richten, die Nachwuchsförderung und die Akquisition von Drittmitteln und weniger auf die basale Forschungskompetenz. Verfahren können neben Lehrproben auch hier strukturierte Interviews sein, bei denen jedoch andere Kompetenzen erfasst werden sollten. Meist werden diese Interviewleitfäden leider wenig im Vorfeld von den Kommissionen herausgearbeitet, obwohl die Ergebnisse derartiger Interviews  ausgesprochen informativ sein können. Eignungsdiagnostik ist für diese Ebene einerseits wichtiger, da diese Person eine Universität viel mehr prägen, anderseits existiert über diese Personen auch viel mehr Wissen bereits im Vorfeld, was die Personalselektion erleichtert.

Ein abschließender Tipp für die Auswahl der richtigen Mitarbeiter?

Lieber mehr Zeit für die Personalauswahl investieren als viel, viel mehr Zeit für die anschließende Mitarbeiterführung bei suboptimaler Personalauswahl.

Herr Professor Kleinmann, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

(das Interview führte Frau Dr. Claudia Peus am 15. Mai 2008)

 

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