Center for Leadership and People Management
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Ausgabe 1/2009

Sieben Fragen an…
Professor Dr. Dres. h.c. Arnold Picot zum Thema Change Management

Herr Professor Picot ist Vorstand des Instituts für Information, Organisation und Management der Fakultät für Betriebswirtschaft der LMU. Als vielfach ausgezeichneter Vertreter seines Faches ist er unter anderem Mitglied in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

Wir befragten Herrn Professor Picot zum Thema Veränderungsmanagement an der Hochschule.

Welche Kompetenzen brauchen Führungskräfte, um Veränderungsprozesse zu steuern?

Sie brauchen fachliche Kompetenzen, um zu verstehen, sicher zu sein und fundiert vermitteln zu können, warum und in welche Richtung Wandel erfolgen muss. Sie benötigen zusätzlich in hohem Maße soziale Kompetenzen, um die mit dem Wandel verbundenen Befürchtungen, Erwartungen, Konflikte und Enttäuschungen frühzeitig zu erspüren, authentisch ernst zu nehmen und angemessen zu bewältigen, ohne das Ziel des Wandels aus dem Auge zu verlieren. Eng damit zusammenhängend brauchen sie Kommunikationskompetenz, um Notwendigkeit, Wege, Probleme und Erfolge des Veränderungsprozesses auf verschiedenen Ebenen und bei unterschiedlichen Anlässen klar übermitteln und bei auftretenden Schwierigkeiten wirkungsvoll zuhören, diskutieren und überzeugen zu können. Bei all dem ist Entscheidungsfähigkeit erforderlich, also die Entschlusskraft zur Weichenstellung, zur Korrektur und auch zur Beendigung eines komplexen Veränderungsprojektes.

Was sind aus Ihrer Sicht die häufigsten Fehler beim Management von Veränderungsprozessen?

Unterschätzung der Komplexität; zu geringes Involvement der Spitzenführung; fehlende Authentizität der Führung beim Vertreten und Vorleben der angestrebten Änderungen; Neigung zu faulen Kompromissen, um anderen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen; zu geringe Bereitschaft zum Zuhören und Aufnehmen wichtiger Zusatzinformationen; Unterbewertung von Mitarbeiterbedürfnissen; unzureichendes Projektmanagement.

Welche Besonderheiten sehen Sie beim Change Management an der Hochschule?

Eine Hochschule lebt von der Qualifikation und Motivation ihrer Forscher und Lehrer, die jeweils in spezifische fachliche Kulturen und Traditionen eingebunden sind. Veränderungsprozesse dürfen diese Besonderheiten und Vielfalt, soweit sie Wert und begründete Reputation repräsentieren, keinesfalls beschädigen oder gar zerstören, sondern müssen sie konstruktiv beeinflussen sowie schrittweise weiterentwickeln und stärken. Darin liegt die größte Herausforderung. Eine weitere wesentlich Besonderheit liegt in der Abhängigkeit der öffentlichen Hochschulen von staatlicher Regulierung (Kapazitätsverordnung, Besoldung,…), was die Gestaltungsspielräume im Wandel zum Teil erheblich einengt.

Bitte schildern Sie uns ein Beispiel für einen gelungenen Veränderungsprozess an der Hochschule!

Die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich hat frühzeitig die tiefgreifenden Veränderungen im weltweiten Wissenschaftssystem erkannt und (mit Hilfe des Staates) die internen Strukturen derart umgestellt, dass die Gewinnung von im Weltmaßstab exzellenten Wissenschaftlern bei großer Autonomie der Fachgruppen und vielen innovativen Studienprogrammen möglich wurden und das alles mit relativ geringen Verwaltungslasten und strategischer Hoheit der Universitätsleitung. Die Schweiz kann hier mit vielen weiteren positiven Beispielen (Universität Zürich, Universität St. Gallen, u.a.) aufwarten. Interessant ist hier jeweils, dass die staatliche Ebene diese Veränderungsprozesse, die primär in der Universität vorangetrieben wurden, von außen tatkräftig (Politik, Gesetzgebung, Finanzen) flankiert hat. Deswegen führen Schweizer Universitäten heute deutlich die Ranglisten deutschsprachiger Universitäten an und müssen für Deutschland als Vorbilder gelten.

Welche Strategien empfehlen Sie für das Management von Veränderungsprozessen?

Eine Mischung aus bottom up- und top down-Vorgehensweise, wobei das Mischungsverhältnis von diversen Situationsmerkmalen (z.B. Verteilung und Zugänglichkeit des relevanten Wissens, Präferenzen der Beteiligten) abhängt. Zudem soll der Veränderungsprozess „anreizkompatibel“ sein, d.h. er soll allen Beteiligten letztlich Vorteile bieten können, die auch zügig spürbar werden sollten. Hierzu bedarf es einer Urteils- und Betrachtungsweise, die sich nicht an der Vergangenheit, sondern an den zukünftigen Herausforderungen (Chancen, Problemen) orientiert.

Wie kann der Erfolg eines Veränderungsprozesses sinnvoll bewertet werden?

Vergleich des Erreichten mit den zuvor gesetzten Zielen und Ansprüchen; Zufriedenheit der Beteiligten; Positionierung des veränderten Bereichs im (internationalen) Vergleich.

Welchen Tipp würden Sie Professoren geben, die einen Veränderungsprozess an ihrem Lehrstuhl in Gang setzen wollen?

Mit Studenten, Mitarbeitern und Kollegen über Defizite und Visionen sprechen, international die Augen offen halten, Grobkonzept für die Zukunft skizzieren. Vor dem Hintergrund ein oder zwei wesentliche Änderungsziele vereinbaren (z.B. neue Teamstruktur, neues Forschungsthema mit internationaler Präsenz, neue Lehrformate) und diese zügig umsetzen. Dafür sorgen, dass rasch gewisse, als erste Erfolge zu interpretierende Etappen erreicht werden, so dass Stabilität und Akzeptanz des Veränderungsprozesses wachsen können.

Herr Professor Picot, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

(das Interview führte Daniel May am 29. Januar 2009)

 

Inhalt

Einleitung

Change Management an der Universität (Teil 1): Die vier Phasen eines Veränderungsprojekts

Change Management an der Universität (Teil 2): Erfolgsfaktoren von Veränderungsprozessen

Prinzipien der Mitarbeiterführung - Wie können Sie Hindernisse bei der Umsetzung überwinden?

Veranstaltungsvorschau