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Ausgabe 1/2009

Change Management an der Universität

Im Vergleich zur Privatwirtschaft profitiert die Universität gerade in gesamtwirtschaftlich schwierigen Zeiten von den für sie stabileren Rahmenbedingungen. Aber nichtsdestotrotz hat das, was für viele Unternehmen bereits lange Jahre Alltag ist, unlängst auch an den Universitäten Einzug gehalten: kontinuierliche Veränderung. Verursacht unter anderem durch verstärkten nationalen und internationalen Wettbewerb sind die Hochschulen Objekt vielfältiger Reformanstrengungen geworden. Ob es sich um die Einführung von Studiengebühren, die Exzellenzinitiative oder den Bologna-Prozess handelt, immer geht es darum, die bestehende Praxis in Lehre und Forschung weiterzuentwickeln, zu optimieren, sie wettbewerbs- und zukunftsfähiger zu machen. Die Fakultäten sind im Zuge dessen mit Umstrukturierungen, der Neubesetzung oder inhaltlichen Umgestaltung von Lehrstühlen konfrontiert. Neu berufene Professoren gehen daran, ihre Lehrstühle aufzubauen, neue Kooperationen müssen über Fakultäten hinweg geschaffen werden. Schließlich werden gerade im Rahmen der zu erwartenden Anträge für die Fortsetzung der Exzellenzinitiative über das Jahr 2011 hinaus viele Initiativen für Forschergruppen, Sonderforschungsbereiche und Schwerpunktprogramme ergriffen, die letztlich Bestehendes in Frage stellen und das Anschieben neuer Projekte mit neuen Kooperationspartnern erfordern.

Das Gros dieser Veränderungen geht auf politische Entscheidungen zurück. Doch mit der politischen Entscheidung dafür, dass eine bestimmte Veränderung umgesetzt werden soll, ist nur der Anfang getan. Der umfassendere und vielfach herausforderndere Teil ist die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen im Alltag. So erfordert z.B. die 1999 getroffene Entscheidung für gemeinsame europäische Hochschulrahmenbedingungen heute von verschiedensten Einrichtungen der Universitäten konkrete Umstellungen. Jedes Institut, jeder Lehrstuhl ist damit konfrontiert, dass veränderte Zielgruppen mit einem veränderten Lehr- und Betreuungsangebot versorgt werden müssen. Profile für neue Bachelor- und Master-Studiengänge sind zu entwickeln, Veranstaltungsprofile sind zu überarbeiten, andere Prüfungsmodalitäten sind zu berücksichtigen und vieles mehr.

Die Umsetzung solcher Reformprojekte fordert von den verschiedenen Arbeitseinheiten der Universität vielfältige Anstrengungen. Jeder Mitarbeiter, von der Verwaltungskraft bis zum Professor, muss seinen Beitrag liefern, damit ein Projekt erfolgreich umgesetzt werden kann. Und es hängt ganz entscheidend von der Führungsstärke der leitenden Personen ab, ob am Ende das intendierte Ziel erreicht wird. Dafür sind weniger harte Fakten wie Zeitpläne, Ressourcen und ähnliches verantwortlich, sondern vielmehr die weichen Faktoren, sprich ein klares und transparentes Umsetzungskonzept, klare Aufgabenverteilungen, die Einbindung der Beteiligten, ihre Motivation oder auch nur das Vermitteln der Zielsetzungen, die hinter den Reformanstrengungen stehen. Schätzungen verschiedener Forschungseinrichtungen gehen davon aus, dass zwischen 70 und 80 Prozent aller Veränderungsinitiativen ihre geplanten Ziele nicht erreichen, weil weiche Faktoren ungenügend berücksichtigt und gemanagt werden.

In den letzten Jahren haben sich Ökonomen und Psychologen deshalb verstärkt dem Thema „erfolgreiches Management von Veränderungsprozessen“ gewidmet. Mit Blick auf Ihren Alltag als Führungskraft an der Universität möchten wir im Folgenden einige der wichtigsten Ergebnisse dieser Forschung darstellen, indem wir nun in diesem Beitrag einen schematischen Überblick über die klassischen Phasen eines Veränderungsprojektes geben und wesentliche Prinzipien für erfolgreiches Führungshandeln in solchen Projekten skizzieren (für einen Überblick siehe z.B. Gerkhardt & Frey, 2006).

 

Die vier Phasen eines Veränderungsprojektes

Es hat sich gezeigt, dass es ratsam ist, die Umsetzung einer Reform wie ein Projekt zu betrachten und auch dementsprechend systematisch zu planen und zu leiten. Natürlich ist die konkrete Ausgestaltung eines solchen Projektes immer abhängig vom spezifischen Ziel und den spezifischen Voraussetzungen in Ihrem Team. Dennoch lassen sich vier Phasen unterscheiden, die in jedem Projekt durchlaufen werden sollten.

Phase 1: Zieldefinition und Konzepterstellung

Am Beginn eines jeden Veränderungsprojektes steht zumeist eine nur wenig konkrete Vorstellung davon, was genau mit welchem Ziel verändert werden soll. Bevor Sie damit beginnen, konkrete Maßnahmen in die Wege zu leiten, ist es an dieser Stelle wichtig, Anforderungen und Ziele zu klären und eine Art „Roadmap“ bzw. Konzept für Ihr Veränderungsprojekt zu erstellen:

  • Was soll durch die Veränderung konkret erreicht werden bzw. was ist Ihnen wichtig zu erreichen? Sind Ihnen die gesetzten Ziele genügend klar oder gibt es Klärungsbedarf mit vorgesetzten Stellen?
  • Was muss sich dafür konkret in Ihrem Team ändern (z.B. Zuständigkeiten, Lehrangebot, Verwaltungsvorgänge, Einstellungen und Haltungen wie z.B. mehr „Kundenorientierung“)? Wer muss einen Beitrag liefern/beteiligt werden?
  • Wo steht Ihr Team in Bezug auf diese Ziele jetzt (Soll-Ist-Abgleich)?
  • Welche konkreten Maßnahmen sind einzuleiten um diese Ziele zu erreichen? Wie lassen sich diese Maßnahmen zeitlich und organisatorisch bewerkstelligen?
  • Welche Änderungen von Denkweisen und Verhalten sind einzuleiten? (Diese Änderungen erfordern andere Strategien als das Umsetzen von konkreten Maßnahmen/Aufgaben)

Es ist hilfreich, bereits an dieser Stelle Mitarbeiter einzubinden, die Ihnen bei der Ziel- und Maßnahmendefinition als Sparringspartner zur Seite stehen. Wenn Sie die Mitarbeiter richtig auswählen (z.B. besonders konstruktive Mitarbeiter oder Meinungsführer) kreieren Sie bereits zu diesem Zeitpunkt eine Koalition von Befürwortern, die durch ihre Mitarbeit am Konzept auch in der Verantwortung für das Projekt stehen.

Am Ende dieser Phase sollte Klarheit über die Zielsetzungen, die erforderliche Maßnahmen zur Zielerreichung und die zeitliche und personelle Umsetzung dieser Maßnahmen bestehen.

Phase 2: Kommunikation und Verankerung

Nachdem Sie Klarheit über Ihre Ziele und die zu deren Erreichung notwendigen Maßnahmen gewonnen haben, gilt es nun dem ganzen Team zu vermitteln, (1) was verändert werden soll, (2) weshalb diese Veränderung notwendig ist, (3) welchen Nutzen sie für die Organisation und für die einzelnen Team-Mitglieder hat und (4) wie die Veränderung konkret von statten gehen soll. Diese Kommunikation ist ein erfolgskritischer Moment für Ihr Projekt. Hier können Sie die Mitarbeiter für die Ziele gewinnen, indem sie Ihnen Sinn und Notwendigkeit sowie den Nutzen, den diese Veränderung für die verschiedenen Seiten hat, aufzeigen. Je genauer Ihre Mitarbeiter die Ziele kennen, desto besser können Sie ihr Handeln ausrichten. Je mehr Informationen über konkrete Abläufe die Mitarbeiter haben, desto weniger Unsicherheit herrscht und ergebnisorientiertes Arbeiten wird gefördert. Je nach Veränderungsziel ist es natürlich auch möglich, dass Ablehnung und Widerstand unter ihren Mitarbeitern auftreten – dies ist ein natürlicher Bestandteil von Veränderungen und ist zumeist auf die Angst der Menschen zurückzuführen, mit den Veränderungen nicht zurecht zu kommen oder benachteiligt zu werden. Es hilft, diese Ängste aufzugreifen, ihre Ursachen in einem kurzen Gespräch zu ergründen und gemeinsam mit dem Betroffenen über Unterstützungsmaßnahmen oder einen Interessensausgleich (so dies möglich ist) zu sprechen.

Im Anschluss an die Kommunikation im Team bietet es sich an, mit all denjenigen Mitarbeitern, die konkret von der Veränderung betroffen sind, ein kurzes Einzelgespräch zu führen, in dem die jeweils spezifische Rolle und Verantwortung für das gesamte Veränderungsprojekt geklärt wird. Idealerweise definieren Ihre Mitarbeiter diese Rolle selbst (Reflektion z.B. zu der Frage „Worauf muss ich mich in meinem Alltag konzentrieren, damit wir unser Ziel erreichen?“) und stimmen diese Rolle mit Ihnen final ab.

Dieses erste Gespräch kann sinnvollerweise den Auftakt für ein regelmäßig stattfindendes „Monitoring“-Gespräch bilden (je nach Erfordernis z.B. im wöchentlichen Rhythmus), in dem konkret definiert wird, welche Schritte zu tun sind, und die tatsächliche Umsetzung dieser Schritte reflektiert wird.

Am Ende dieser Phase kennen also alle Beteiligten Ziel, Umsetzungsplan und ihren persönlichen Beitrag zur Zielerreichung. Außerdem ist für alle sichtbar, dass ein strukturierter und konsequenter Weg beschritten wird um die Ziele umzusetzen.

Phase 3: Umsetzung

In dieser Phase geht es nun darum, die geplanten Maßnahmen in die Tat umzusetzen und Verhaltensweisen tatsächlich zu verändern. Wie bereits in Phase 2 angesprochen, ist es sehr wichtig, Ihre Mitarbeiter in dieser Phase strukturiert und eng zu begleiten und regelmäßig mit ihnen darüber zu sprechen, welche Aufgaben aktuell anstehen, wie sie planen diese umzusetzen, wo sie Schwierigkeiten erwarten, welche Unterstützung sie brauchen und schließlich auch, wo sie mit der Umsetzung der bereits vereinbarten Aufgaben stehen. Vor allem wenn sie konkrete Verhaltensänderungen von Ihren Mitarbeitern erwarten (z.B. von Ihrer Verwaltungskraft mehr Serviceorientierung im Umgang mit Mitarbeitern oder Studenten, oder von Ihren wissenschaftlichen Mitarbeitern einen anderen Umgang mit Kollegen oder mehr Publikationsorientierung) ist diese strukturierte Begleitung absolut erfolgsentscheidend.

Wichtig in dieser Phase ist, dass Ihre Mitarbeiter tatsächlich ins Umsetzen kommen und nicht aufgrund von Unklarheit, Überforderung oder Unverständnis ihre Ziele und Aufgaben aus den Augen verlieren. Um Mitarbeiter ins Handeln zu bringen und zu motivieren, hilft es zum Beispiel, zuerst einfachere und kurzfristig bewältigbare Aufgaben zu vereinbaren, um schnelle Erfolge (sog. „Quick Wins“) zu erleben. Versuchen Sie zudem, wie oben erwähnt, Widerstände als natürlichen Bestandteil eines solchen Prozesses zu betrachten und suchen Sie gemeinsam nach Lösungen.

Gehen Sie nicht davon aus, dass Ihre Mitarbeiter schon wissen, wie sie ihre Aufgaben anders erledigen sollen als bisher. Oft hilft es zu fragen, wie Aufgaben derzeit konkret erledigt werden und gemeinsam zu definieren, wie die Aufgaben zukünftig umgesetzt werden sollen.

Am Ende dieser Phase sind also alle Beteiligten dabei, ihre Aufgaben umzusetzen oder eben sich in veränderten Verhaltensweisen auszuprobieren. Durch die strukturierte Leitung dieser Aktivitäten kennen Sie den Umsetzungsstand und können steuernd und unterstützend eingreifen.

Phase 4: Nachhaltigkeit

Nachdem Erfahrungen mit den veränderten Abläufen und Verhaltensweisen gesammelt wurden, gilt es jetzt, Routinen und Standardprozeduren zu definieren, die dafür sorgen, dass die Veränderungen dauerhaft bestehen bleiben (dies gilt besonders für langfristig angelegte Verhaltensänderungen, weniger für punktuelle Aufgaben). Eine Maßnahme hierzu könnte sein, dass Mitarbeiter mit ähnlich gelagerten Aufgaben einen Erfahrungsaustausch initiieren und gemeinsam über ihre bisherigen Erfahrungen sprechen und als Ergebnis dieses Austausches festlegen, wie zukünftig standardmäßig an bestimmten Themen gearbeitet werden soll. Die Einhaltung dieser Standards wird dann zu vorher definierten Zeitpunkten reflektiert (z.B. 2 Monaten später in einer Folgebesprechung) und ggf. weiter optimiert. Weitere Routinen könnten regelmäßig stattfindende Besprechungen, ein wiederkehrender Tagesordnungspunkt oder Ähnliches sein. Zentral ist natürlich weiterhin auch die Kontrolle der Einhaltung neu definierter Spielregeln (dafür lässt sich z.B. ein regelmäßig stattfindendes Mitarbeiter-Gespräch nutzen).

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Weiterführende Literatur:

Hron, J., Frey, D. & Lässig, A. (2005). Gestaltung von Veränderungsprozessen – Change Management. In D. Frey, L. Rosenstiel und C. Hoyos (Hrsg.). Wirtschaftspsychologie (S. 120-125). Weinheim: Beltz.

Gerkhardt, M. & Frey, D. (2006). Change Management: Erfolgsfaktoren und psychologische Hintergründe in Veränderungsprozessen. Zeitschrift für Organisationsentwicklung, 4, 48-59.

 

Inhalt

Einleitung

Change Management an der Universität (Teil 2): Erfolgsfaktoren von Veränderungsprozessen

Sieben Fragen an… Professor Dr. Dres. h.c. Arnold Picot zum Thema Change Management

Prinzipien der Mitarbeiterführung - Wie können Sie Hindernisse bei der Umsetzung überwinden?

Veranstaltungsvorschau