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Ausgabe 1/2009

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Change Management an der Universität

Erfolgsfaktoren in Veränderungsprozessen

In Veränderungsprozessen sind Führungskräfte stark gefordert: Mitarbeiter erwarten von ihnen, dass sie auch "im Sturm" Orientierung geben und den richtigen Weg weisen – "Schönwetterkapitäne" hingegen werden schnell entlarvt.

Aus psychologischer Sicht stellen Veränderungsprozesse typischerweise Herausforderungen dar, in denen für alle Beteiligten (die Organisation, ihre Mitglieder sowie mit der Organisation interagierende Dritte) viel auf dem Spiel steht (hinsichtlich ökonomischer, sozialer oder psychologischer Aspekte). Für gewöhnlich sind Veränderungsprozesse gekennzeichnet durch Unsicherheit und Ambiguität.

Über den zuvor idealtypisch skizzierten Veränderungsprozess hinaus möchten wir Ihnen in diesem Beitrag Handlungsempfehlungen mit auf den Weg geben, die Ihnen bei der erfolgreichen Bewältigung von Veränderungsprozessen an Ihrem Department, Lehrstuhl oder auch in Projekten helfen sollen (vgl. auch Hron, Frey & Lässig, 2005).

Vertrauen

Ein zentraler Faktor von erfolgreichem Führungsverhalten in Veränderungsprozessen ist die Stärkung von Vertrauen, des Vertrauens in die Kompetenz, Integrität und Verlässlichkeit der Führungskraft aber auch des Vertrauens der Führungskraft in die Mitarbeiter. Genauso wichtig ist das gemeinsame Vertrauen in die eigene Stärke als Team, die Veränderungen zu meistern.

Zur Stärkung des Vertrauens in die Kapazität des Teams die anstehenden Veränderungen zu meistern, gehört in erster Linie eine ehrliche, objektive und realistische Analyse der aktuellen Lage und der Möglichkeiten und Ressourcen zur Umsetzung der Veränderungsmaßnahmen. Bei einer solchen Analyse zu Beginn eines Veränderungsprozesses sollte man differenziert die Veränderungsfähigkeit (Kennen und Können) als auch die Veränderungsbereitschaft (Wollen und Dürfen) des Teams betrachten.

Das Vertrauen Ihrer Mitarbeiter in Sie als Führungskraft, genauer gesagt in Ihre Handlungskompetenz ist zentral für den Erfolg eines Veränderungsprozesses: Die mit tiefgreifenden Veränderungen verbundene ausgeprägte Ambiguität und Unsicherheit kann zu einer Verunsicherung aller Beteiligten führen. Zögern Sie als Führungskraft und lassen erkennen, dass Sie selbst nicht wirklich an den Erfolg Ihrer Umsetzungsvorschläge glauben, kann dies zur Verunsicherung Ihrer Mitarbeiter und entsprechendem Vertrauensentzug führen. Glauben Sie als Führungskraft grundsätzlich nicht an die Umsetzbarkeit der Veränderungen in Ihrem Department/an Ihrem Lehrstuhl besteht die Gefahr, ein Gefühl der Hilflosigkeit und Ohnmacht gegenüber dem anstehenden Veränderungsprozess zu entwickeln und sich in Verdrängung zu flüchten. Jedoch gemäß der „Vogel-Strauß-Taktik“ den Kopf in den Sand zu stecken löst zum einen die anstehenden Veränderungsaufgaben nicht und führt zum andern zu Enttäuschung bei den anderen Betroffenen. Aber auch wenn zögerliches Handeln oder schlimmer noch gar kein Eingreifen in negative Folgen haben kann, sind „Schnellschüsse“ und blinder Aktionismus als Antwort auf den empfundenen drängenden Handlungsbedarfs selten von Erfolg gekrönt. So sehr Sie sich als Verantwortliche/r auch zu zügigem Handeln gedrängt fühlen, dürfen Sie diesem Druck nicht auf Kosten einer adäquaten Analyse der Situation und den möglichen Handlungsalternativen nachgeben. Kurzsichtige Symptombekämpfungen beheben in den seltensten Fällen das eigentliche Problem und verschaffen einem bestenfalls Zeit, um tiefergehende, umfassendere Lösungen zu entwickeln. Meistern Sie den Drahtseilakt, weder zu zögerlich noch zu übereilt die Veränderungsmaßnahmen anzugehen. Offen dargelegte Begründungen für Entscheidungen schaffen Vertrauen in Ihre Entscheidungs- und Handlungskompetenz als Führungskraft.

Nicht zuletzt müssen Ihre Mitarbeiter Vertrauen in Ihre Integrität und Verlässlichkeit haben, um Ihnen durch den oft zu Anfang ungewissen Veränderungsprozess zu folgen. Die im Folgenden angesprochenen Aspekte der Kommunikation während Veränderungsprozessen tragen wesentlich dazu bei, indem sie zeitnah und umfassend über Ziel, Sinn und konkretes Vorgehen informieren und dadurch Transparenz und Kontrollierbarkeit schaffen. Beiderseitige Kommunikation (d.h. nicht nur Informationen und Aufträge geben, sondern auch Zuhören) schafft zudem Respekt und Wertschätzung, was unerlässlich für Vertrauen in die Integrität einer Person sind. Gerechtigkeit bei der Verteilung von Belastungen und positiven Resultaten unter Ihren Mitarbeitern sowie eine faire und nachvollziehbare Gestaltung von Entscheidungsprozessen tragen zudem dazu bei, dass Ihre Mitarbeiter Sie als vertrauenswürdige, integere Person erleben. Weiterhin stärkt es die Wahrnehmung Ihrer Integrität und das Commitment Ihrer Mitarbeiter zur Umsetzung der Veränderungen, wenn Sie als gutes Vorbild ‚vorangehen’ und selber konsequent alle Neuerungen umsetzen aber auch ggf. Anteile von Einschnitten in Ihrem eigenen Bereich mittragen.

Professionelle Kommunikation

Wie bereits in dem oben vorgestellten Phasenmodell angesprochen, kommt der Kommunikation in Veränderungsprozessen eine wesentliche Bedeutung für den Erfolg von Change Management Projekten  zu. Ein erfolgreich umgesetztes Veränderungsprojekt zeichnet sich nämlich nicht nur durch die Realisierung der geplanten Ergebnisse (z.B. Synergieeffekte aus zuvor unverbundenen Forschungsprojekten) aus, sondern vor allem dadurch, dass die Veränderungen von allen Mitgliedern der Organisation mitgetragen und gelebt werden  (vgl. auch Hron, Frey & Lässig, 2005).

Grundsätzlich ist es wichtig, in der Kommunikation die Regeln informationaler Gerechtigkeit zu beachten: zeitnahe, vollständige und adressatengerechte Information.

Es ist es von zentraler Bedeutung, dass Sie Ihren Mitarbeitern das Ziel, aber auch den Sinn und den Nutzen der Veränderung vermitteln, sowie bei Ihnen ein Gefühl von Transparenz und Vorhersagbarkeit des Prozesses hervorrufen.

Zielklarheit

Sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeiter genau wissen, was das Ziel des Veränderungsprojektes bzw. ihres Beitrags dazu ist. Klare und spezifische Ziele lenken über ihren Informationsgehalt und steigern die Motivation bei deren Erreichung. Dabei ist es sinnvoll, die individuellen Aufgaben Ihrer Mitarbeiter in den Gesamtkontext, sprich die übergeordnete Zielsetzung, einzugliedern, um Ihren Mitarbeiter die Bedeutung ihres persönlichen Beitrages für den Erfolg des Gesamtprojektes zu vermitteln.

Vermittlung von Sinn, Nutzen und Notwendigkeit der Veränderung

Stellen Sie sicher, dass Ihre Mitarbeiter den Sinn und die Notwendigkeit der Veränderungsmaßnahme kennen und verstehen. Die Sinnzuschreibung ist vor allem dort von großer Bedeutung, wo es gilt, unangenehme Handlungen zu vollziehen, so dass diese nicht als Willkür empfunden werden. Nur wenn Mitarbeiter verstehen, warum Veränderungen sinnvoll und notwendig sind und warum diese gerade sie betreffen, können sie auch Verständnis für die Maßnahmen entwickeln und diese mittragen. Weiterhin ist es von zentraler Bedeutung, dass Sinn und Zweck der Veränderungen mit dem eigenen Wertesystem kompatibel sind. Deshalb sollte bei der Vermittlung von Begründungen darauf Rücksicht genommen werden, dass die Mitarbeiter diesen Sinn teilen können. Für die Motivation Ihres Teams ist es außerdem maßgeblich, dass Sie aufzeigen, wie die Veränderung Ihren Mitarbeitern zu Gute kommt bzw. wenn negative Konsequenzen drohen, dass diese unvermeidbar und zumindest fair verteilt sind.

Transparenz und Vorhersagbarkeit

Es ist für Ihre Mitarbeiter wichtig, dass sie in einem Veränderungsprojekt kontinuierlich  wissen was auf sie zukommt, um das Gefühl zu haben, ihre eigene Situation kontrollieren zu können. So können die Mitarbeiter Unsicherheit und Ängste abbauen, indem sie Bewältigungsstrategien entwickeln und sich auf die neue Situation einstellen. 

"Schönreden" oder falsche Rücksichtnahme bei der Kommunikation der anstehenden Veränderungen und ihrer möglichen Lösungen an die Mitarbeiter eignen sich nicht als Transparenz schaffende, vertrauensbildende Maßnahmen. Im Gegenteil, sie untergraben das Vertrauen in die Kompetenz, Integrität und Verlässlichkeit der Führungsperson. Laut der Impftheorie ist es ratsam, die Mitarbeiter frühzeitig mit dem Negativen zu „impfen“, d.h. auf mögliche negative zukünftige Entwicklungen vorzubereiten. „Geimpfte“ Personen sind widerstandsfähiger gegenüber dem Eintreten tatsächlicher negativer Ereignisse und Enttäuschungen. Gezielt sollte daher auch einer Tabuisierung der negativen Aspekte der kommenden Entwicklungen entgegen gewirkt und offene Kommunikation und Transparenz gefördert werden.

Professionelle Kommunikation und Information ist jedoch niemals einseitig. Um zu vermeiden, dass Sie Ihre Mitarbeiter während des Veränderungsprozesses ‚verlieren’, erfragen Sie von ihnen die je nach Projektphase relevanten Information.

Erkundigen Sie sich in der ersten Phase des Veränderungsprozesses (Zieldefinition und Konzepterstellung) nach der Ausgangslage Ihrer Mitarbeiter (d.h. Ressourcen, Fähigkeiten, Qualifikationen, etc. im Hinblick auf die Umsetzung der anstehenden Veränderung). Nur wenn Sie die Kapazitäten Ihres Teams richtig einschätzen können, können Sie auch ein realisierbares Umsetzungskonzept für die anstehenden Veränderungen entwerfen.

In der zweiten Phase (Kommunikation und Verankerung) ist es nicht nur wichtig, Ihren Mitarbeitern Ziel, Sinn und Nutzen der geplanten Veränderungen zu präsentieren, sondern auch von Ihren Mitarbeitern zu erfragen, ob diese für sie einsichtig sind. Es ist wichtig, dass Sie Ihre Mitarbeiter mit ihren Fragen, Sorgen und Ängsten im Hinblick auf die Veränderungen und ihre Folgen ernst nehmen. Dabei sollte „Schönmalerei“ tunlichst vermieden werden. Ein „Abwiegeln“ der Befürchtungen der Mitarbeiter zerstört Respekt und Wertschätzung, die eine Führungskraft ihren Mitarbeitern insbesondere in schwierigen Zeiten unbedingt entgegen bringen muss.

In der Umsetzungsphase (Phase 3) ist es wichtig, dass Sie nicht nur Ihre Mitarbeiter kontinuierlich über Fortschritt und die nächsten Schritte informieren, sondern auch, dass Sie sich kontinuierlich über die Fortschritte und Probleme Ihrer Mitarbeiter bei der Umsetzung auf dem Laufenden halten, um ggf. schnell genug umdisponieren zu können.

In der vierten Phase (Sicherstellung der Nachhaltigkeit) schließlich ist ebenfalls eine beiderseitige Kommunikation nötig: Der Erfolg der Veränderungsmaßnahmen sollte gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern evaluiert werden, Probleme und ‚lessons learned’ diskutiert werden, aber auch die (hoffentlich) erfolgreiche und nachhaltige Umsetzung des Veränderungsvorhaben und alle Beteiligten gelobt werden.

Partizipation

Die oben angesprochene beiderseitige Information ist der erste Schritt zur Einbindung Ihrer Mitarbeiter in den Veränderungsprozess: Binden Sie wann möglich Ihre Mitarbeiter in Entscheidungsfindungen bzgl. des Veränderungsprozesses ein oder lassen Sie sie Konzepte selbst erarbeiten. Das erzeugt zum einen Identifikation und Verantwortung für das Projekt und erhöht zum andern die Bereitschaft diese Konzepte umzusetzen. Zudem können durch partizipativ gestaltete Entscheidungsfindung oft qualitativ bessere Lösungen erzielt werden.

Bleibt, abschließend nochmals zu betonen, dass das Management von Veränderungen sicherlich nicht zu den leichtesten Aufgaben einer Führungskraft gehört und oben skizzierte Phasenmodelle und Erfolgsfaktoren nur Anhaltspunkte in einem Prozess sind, der durch Emotionen, politische Interessen und Widerstände typischerweise interaktiv, komplex und nonlinear verläuft. Doch wie bereits Charles Darwin konstatierte: „It is not the strongest of the species that survives, nor the most intelligent that survives. It is the one that is the most adaptable to change.”

 

Weiterführende Literatur:

Hron, J., Frey, D. & Lässig, A. (2005). Gestaltung von Veränderungsprozessen – Change Management. In D. Frey, L. Rosenstiel und C. Hoyos (Hrsg.). Wirtschaftspsychologie (S. 120-125). Weinheim: Beltz.

Gerkhardt, M. & Frey, D. (2006). Change Management: Erfolgsfaktoren und psychologische Hintergründe in Veränderungsprozessen. Zeitschrift für Organisationsentwicklung, 4, 48-59.

 

Inhalt

Einleitung

Change Management an der Universität (Teil 1): Die vier Phasen eines Veränderungsprojekts

Sieben Fragen an… Professor Dr. Dres. h.c. Arnold Picot zum Thema Change Management

Prinzipien der Mitarbeiterführung - Wie können Sie Hindernisse bei der Umsetzung überwinden?

Veranstaltungsvorschau