Center for Leadership and People Management
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Ausgabe 2/2008

Erfolg durch Soft Skills? Zur Bedeutung sozialer Kompetenzen in der Wissenschaft

Die Universität als Arbeitswelt wandelt sich – ob durch die Exzellenzinitiative oder die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen. Sie eröffnet ihren Mitarbeitern neue Perspektiven, stellt aber auch Herausforderungen, die gemeistert werden müssen, um im hochschulinternen wie auch internationalen Wettbewerb erfolgreich zu bestehen. Doch wie kann der Erfolg eines Lehrstuhls und seiner Mitarbeiter unter diesen neuen Rahmenbedingungen gezielt gefördert werden?

Mit genau dieser Frage beschäftigt sich das LMU Center for Leadership and People Management: Ziel ist es, den wissenschaftlichen Erfolg von etablierten Wissenschaftlern sowie Nachwuchsforschern durch die Kultur ihrer Zusammenarbeit, d.h. über die fachliche Qualifikation hinaus, zu fördern. Den Weg zu diesem Ziel stellt ein spezifisches, auf die jeweiligen Bedürfnisse von Professoren, Habilitanden und Postdocs sowie Doktoranden zugeschnittenes Personalentwicklungsprogramm dar. Kommunikations-, Kooperations- und Teamfähigkeit sind in diesem Zusammenhang oft verwendete Schlagworte. Aber was versteckt sich hinter diesen Begriffen? Und wie können sie auch für die Mitarbeiter an deutschen Universitäten nutzbar gemacht werden?

Um einen unmittelbaren Eindruck davon zu gewinnen, welchen Entwicklungsbedarf Lehrstuhlinhaber an der Ludwig-Maximilians-Universität für ihre Mitarbeiter, aber auch für sich selbst  im Bereich sozialer Kompetenzen sehen, wurde mit der Gründung des LMU Center for Leadership and People Management eine Interviewstudie zu diesem Themenbereich durchgeführt. Angesichts der Komplexität des Themas überrascht ein Ergebnis der Interviews nicht: Die Meinungen der Lehrstuhlinhaber sind so vielfältig wie ihre Fachgebiete. Und doch steht eine Erkenntnis eindeutig im Mittelpunkt: Fachliche Qualifikationen allein reichen nicht aus, um im hochschulinternen wie auch im internationalen Wettbewerb erfolgreich zu bestehen.

Zunächst stellte sich auch im Rahmen der Interviews immer wieder die Frage: Was ist das eigentlich, ’soziale Kompetenz’?

Die psychologische Literatur definiert die sozial-kommunikativen Kompetenzen als Voraussetzung, um „sich mit anderen kreativ auseinander- und zusammenzusetzen, sich gruppen- und beziehungsorientiert zu verhalten, und neue Pläne, Aufgaben und Ziele zu entwickeln“ (Erpenbeck & von Rosenstiel, 2003). Man kann also von Fähigkeiten sprechen, die ein verantwortungsbewusstes und produktives Miteinander ermöglichen, beispielsweise im Rahmen eines neuen Forschungsprojektes. Daneben lassen sich drei weitere Kompetenzbereiche differenzieren: Die personalen Kompetenzen bilden die Voraussetzung zu eigenständigem, sich selbst reflektierendem Verhalten. Die fachlich methodischen Kompetenzen dienen als instrumentelle Fertigkeiten zur Lösung fachlicher Probleme. Darüber hinaus beinhalten die aktivitäts- und umsetzungsorientierten Kompetenzen das Vermögen, alle anderen Kompetenzen erfolgreich zu integrieren, um auf dieser Basis Handlungspläne aktiv umzusetzen.

Nun zurück zu der Frage, welche konkreten sozialen Kompetenzen die Professoren der Ludwig-Maximilians-Universität für die erfolgreiche Zusammenarbeit an ihrem Lehrstuhl als bedeutsam erachten. Als besonders zentral wurden Fähigkeiten aus den folgenden drei Kategorien beschrieben:

Kooperation

Allgemein erachteten unsere Interviewpartner es als wichtig, die vorhandenen Potenziale im Team zu nutzbar zu machen, indem gemeinschaftliche Ziele verfolgt und auch Konflikte konstruktiv gelöst werden. Für die Zusammenarbeit bedeutet dies, dass die Teammitglieder bei Entscheidungen einen Konsens auf Basis rationaler Argumente anstreben, und sich nicht aufgrund hierarchischer Unterschiede unter- oder überordnen sollten. Gerade für den wissenschaftlichen Erfolg sei dies eine Grundvoraussetzung. So wurde beispielsweise angeführt: „Ich finde sowieso, dass Denken eine soziale Aktivität ist, man kann gar nicht allein denken.“ Auch das gezielte Bilden von und Arbeiten in Netzwerken wurde als wichtiges Element kooperativer Kompetenzen angesprochen. Gleichzeitig solle jedoch nicht der individuelle Standpunkt des Einzelnen zugunsten einer Konsensorientierung aufgegeben werden.

Eine besonders große Herausforderung stellt aus Sicht unserer Interviewpartner der konstruktive Umgang mit Konflikten dar, darunter das frühzeitige Erkennen und offene Ansprechen von Konflikten sowie die gezielte Suche nach und Einigung auf Lösungsmöglichkeiten, die für alle Interessenparteien annehmbar sind.

Kommunikation

Die Fähigkeit zur Kommunikation kristallisierte sich in den Interviews als grundlegende Kompetenz heraus, die eine Vielfalt an unterschiedlichen Feldern der wissenschaftlichen Arbeit beeinflusst: So wurde sie als wesentliches Element einer erfolgreichen Zusammenarbeit, aber ebenso des individuellen Erfolgs hervorgehoben. Zum wissenschaftlichen Erfolg solle sie einerseits dadurch beitragen, dass sie den Austausch untereinander fördere sowie es andererseits ermögliche, eigene Projekte klar darzustellen. So wurde die Meinung geäußert: „Es hilft nichts, wenn ich einen begnadeten Forscher habe, der nicht ansatzweise irgendwem erzählen kann, was er gerade herausgefunden hat.“ Gleichzeitig unterstütze die Fähigkeit zur Kommunikation auch das Ziel, durch interdisziplinären Austausch zu neuen Erkenntnissen zu gelangen und „verschiedene Vorschläge, die bereits vorbereitet sind, dann zu diskutieren“.

In der Zusammenarbeit im Team, insbesondere auch im Umgang mit Konflikten, spiele sie beispielweise als Fähigkeit, der anderen Partei zuzuhören, sich in diese hineinzuversetzen sowie unterschiedliche Perspektiven und Lösungsalternativen konstruktiv zu diskutieren, eine bedeutsame Rolle.

Soziabilität und Sensibilität

Um die Zusammenarbeit am Lehrstuhl zu verbessern, wurde als Voraussetzung einerseits eine individuelle Bereitschaft, mit anderen Mitarbeitern Kontakt aufzunehmen und auf diese offen zuzugehen, hervorgehoben. In diesem Zusammenhang spielt wiederum der Gedanke des Netzwerkens zur Generierung neuer Forschungsansätze eine bedeutsame Rolle. Zudem sei die Ansprechbarkeit des Teamleiters für seine Mitarbeiter ein wesentlicher Faktor für den wissenschaftlichen Erfolg. So sei persönliche Nähe „absolut notwendig … wenn man das nicht hat, hat man verloren. Das ist eine Tatsache.“ Andererseits wurde erneut die Fähigkeit, sich in die Lage einer anderen Person zu versetzen, zuzuhören und auf ihre Bedürfnisse einzugehen, angesprochen. Oft erwähnt wurde in diesem Zusammenhang eine ausgeprägte „Menschenkenntnis“, um die Kompetenzen und Persönlichkeiten der anderen Teammitglieder treffend einschätzen zu können.

Neben diesen überfachlichen Fähigkeiten, die sich im engeren Sinne auf das Miteinander am Lehrstuhl beziehen und den sozialen Kompetenzen zugehören, wurden auch die personalen Kompetenzen jedes einzelnen Mitarbeiters als besonders wichtig erachtet. Betont wurden etwa das individuelle Auftreten, die Fähigkeit zur Selbstdarstellung und gleichzeitige Reflexion der eigenen Wirkung auf andere, sowie die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und hohe Belastungen zu schultern. Auch aktivitäts- und umsetzungsorientierte Kompetenzen, wie die Motivation und Hingabe zum Vorantreiben der eigenen Projekte und die Dynamik, um auch andere zu begeistern und zur Umsetzung von Forschungsideen zu bewegen, wurden in den Interviews als relevante Fähigkeiten benannt. Nicht unerwähnt blieben ebenfalls fachlich-methodische Kompetenzen, wie beispielsweise die Didaktik zur Vermittlung von Lehrinhalten an Studenten oder die organisatorische Herangehensweise zur Etablierung neuer Projekte.

Letztlich erweisen sich also die sozialen Kompetenzen als ein wesentlicher, jedoch nicht als einziger Bestandteil der überfachlichen Fähigkeiten, die Lehrstuhlinhaber als zielführend auf dem Weg zu wissenschaftlichen Spitzenleistungen erachten. Oder wie es einer unserer Interviewpartner beschrieb: „Man ist sozusagen die eierlegende Wollmilchsau, die alles können muss.“

Die geschilderten Ergebnisse stellen lediglich einen Teilbereich der Erkenntnisse aus unserer Interviewstudie mit Professoren der LMU dar, die aufgrund der empirischen Betrachtung dieser Zielgruppe ein Novum in der psychologischen Forschung darstellt. Auf Basis der Gesamtheit der spannenden Erkenntnisse konnte das LMU Center for Leadership and People Management das Kursangebot zum Sommersemester 2008 gezielt erweitern. Auf dem Programm stehen nun beispielsweise die Themen Selbstpräsentation, der konstruktive Umgang mit Konflikten oder die Motivation von Mitarbeitern.

Zur Teilnahme an unseren Veranstaltungen laden wir Sie herzlich ein und stehen auch für Ihre individuellen Anfragen gerne zur Verfügung!

Quelle:
Erpenbeck, J. & von Rosenstiel, L. (2003). Handbuch Kompetenzmessung. Stuttgart: Schäffer-Poeschel

 

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